Was ist Palliativmedizin?
Vereinfacht
ausgedrückt bemüht sich Palliativmedizin darum, Leiden zu lindern, wenn
Krankheiten weit fortgeschritten und nicht mehr heilbar sind. Sie will ein
Leiden keinesfalls verlängern.
Wissenschaftlich
genauer bezeichnet ist Palliativmedizin die umfassende und aktive Behandlung von
Patienten, deren Erkrankung einer heilenden Therapie nicht mehr zugänglich ist,
und für die das Behandlungsziel, für sie selbst und ihre Angehörigen, die
bestmögliche Lebensqualität ist.
Palliativmedizin
ist die angemessene medizinische Versorgung von Patienten mit fortgeschrittenen
und fortschreitenden Erkrankungen. Die Patienten haben eine begrenzte
Lebenserwartung. Die Behandlung konzentriert sich auf die bestmögliche
Erhaltung der Lebensqualität. Palliativmedizin wird nicht als Betreuung
charakterisiert. Ihr Qualifizierungsmerkmal ist die offene Auseinandersetzung
mit Problemen einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Das Ziel der Palliativmedizin
ist Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens innerhalb der
erkrankungsbedingten Grenzen.
Zur
Umsetzung dieses Ziels stützt sich die Palliativmedizin auf die Therapiesäulen
-
optimierte
Schmerztherapie & Symptomkontrolle
-
Kompetenz
in wichtigen Fragen der Kommunikation und Ethik
-
Integration
der Bedürfnisse von Patient und Angehörigen auf medizinischer,
pflegerischer, psychischer, sozialer und spiritueller Ebene und in den
Phasen der Krankheit, des Sterbens und des Trauerns
-
Ausdrückliche
Ablehnung aktiver Sterbehilfe
Das Patientenspektrum umfasst:
Nicht
heilbare Tumorerkrankungen, Endphase internistischer Erkrankungen wie z.B.
-
Niereninsuffizienz,
-
Herzinsuffizienz,
-
COPD,
Endphase weiterer Erkrankungen wie z.B.
Endphase multimorbider geriatrischer Patienten. Das sind mehrfach erkrankte
(multimorbide) altersschwache (geriatrische) Patienten. Der Begriff geriatrisch
leitet sich von Geriatrie ab. Das ist die Lehre von den Krankheiten des
alternden Menschen.
Oft
befinden sich multimorbide geriatrische Patienten auf Pflegestationen der
Senioren- und Pflegeheime. Geriatrie und
Palliativmedizin haben Gemeinsamkeiten in Therapie und Methodik. Beide
verfolgen das Ziel, den Patienten eine bestmögliche Lebensqualität zu gewährleisten.
Die Bemühungen können sich aufgrund des Alters und der Erkrankungen der
Patienten natürlich nur im Rahmen der gesundheits- und krankheitsbezogenen bzw.
individuell vorgegebenen Grenzen bewegen. Geriatrie und Palliativmedizin nutzen
beide einen ganzheitlichen multiprofessionellen methodischen Ansatz.
Nicht
jeder geriatrische Patient ist ein Palliativpatient, obwohl viele Patienten zu
beiden Gruppen gehören. Sicherlich profitieren geriatrische Patienten in der
Endphase vom palliativmedizinischen Wissen und Können. Es gibt aber keine
allgemein anerkannte Definition des geriatrischen Palliativpatienten. Mögliche
Kriterien einer palliativmedizinischen Therapiezielklärung in der Geriatrie können
sein:
-
Komplexität
der Symptome
(Schmerzen, Husten, Luftnot, Angst, Übelkeit, …)
-
Rasch
fortschreitende Erkrankung
-
Notwendigkeit
eines multiprofessionellen Therapieansatz (Arzt, Pfleger, Physiotherapeut,
Wundmanager, ambulanter Hospizdienst)
„Bedeutsame
Indikatoren“:
-
Ausgeprägte
Tagesmüdigkeit
-
Bettlägrigkeit
> 4 Wochen
-
Hoher
Pflegebedarf (Barthel-Index < 30)
-
Subjektive
Einschätzung des Pflegeteams, dass Palliativpflege nötig ist
Alle
an der palliativmedizinischen Versorgung beteiligten Helfer möchten die
„Rechte Sterbender“ sichern, wie sie in folgender Deklaration
festgeschrieben sind:
Ich
habe das Recht:
-
bis
zuletzt als lebender Mensch behandelt zu werden
-
stets
noch hoffen zu dürfen, worauf immer sich diese Hoffnung auch richten mag
-
von
Menschen umsorgt zu werden, die sich eine hoffnungsvolle Einstellung zu
bewahren vermögen
-
Gefühle
und Emotionen anlässlich meines nahenden Todes auf die mir eigene Art und
Weise ausdrücken zu dürfen
-
kontinuierlich
medizinisch und pflegerisch versorgt zu werden, auch wenn das Ziel
„Heilung“ gegen das Ziel „Wohlbefinden“ ausgetauscht werden muss
-
nicht
allein zu sterben
-
schmerzfrei
zu sein
-
meine
Fragen ehrlich beantwortet zu bekommen
-
nicht
getäuscht zu werden
-
von
meiner Familie und für meine Familie Hilfen zu bekommen, damit ich meinen
Tod annehmen kann
-
in
Frieden und Würde zu sterben
-
meine
Individualität zu bewahren und meiner Entscheidungen wegen nicht verurteilt
zu werden, wenn diese im Widerspruch zu Einstellungen anderer stehen
-
offen
und ausführlich über meine religiösen und/oder spirituellen Erfahrungen
zu sprechen, unabhängig davon, was diese für andere bedeuten
-
zu
erwarten, dass die Unverletzlichkeit des Körpers nach dem Tode akzeptiert
wird
-
von
fürsorglichen, empfindsamen und klugen Menschen umsorgt zu werden, die sich
bemühen, meine Bedürfnisse zu verstehen, und die fähig sind, innere
Befriedigung daraus zu gewinnen, dass sie mir helfen, meinem Tod entgegen zu
sehen.
Quellen:
Definition Palliativmedizin WHO 1990
Definition
Palliativmedizin European Association for Palliative Care (EAPC) 2002
Marianne Kloke:
Grundwissen Palliativmedizin, Deutscher Ärzteverlag, 2009
Deklaration Sterbender: Southwestern Michigan Service Eduacation Council;
Lansing, Michigan, USA, 1975
|